Um die Ausbildung Natura-2000-Scout war es in letzter Zeit bei den NaturFreunden etwas ruhiger geworden. Dies war der Anlass die Ausbildung in einer Region durchzuführen, in der sich schon viele Akteure für das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 engagieren, dem Westerzgebirge. In dieser Region befindet sich auch das Naturfreundehaus Rote Grube, das Landeshaus der sächsischen NaturFreunde. Also gesagt, getan! Vom 19. bis 21. Mai konnten elf Teilnehmer alles über die Natura-2000-Schutzgebiete in der Region, ökologische Zusammenhänge, lokale Besonderheiten und die Idee der Natura Trails erfahren. Die Ausbildung zum Natura-2000-Scout im Naturfreundehaus Rote Grube war erst die zweite ihrer Art in Deutschland . Auf einen großen Erfahrungsschatz konnte somit nicht zurückgegriffen werden.
An eine Herausforderung wurde allerdings kaum gedacht. Über Natura 2000 im Westerzgebirge wissen die Teilnehmer nun sehr viel. Allerdings gibt es in der Region keine Ortsgruppe und am Naturfreundehaus Rote Grube (noch) keinen Natura Trail. Wie ist es also möglich von dem erlangten Wissen aus der Region Westerzgebirge etwas auf die eigene Region zu übertragen?
Zunächst war am Freitagabend erstmal Ankommen und Kennenlernen angesagt. Die meisten Teilnehmer kamen aus Sachsen, zwei NaturFreund*innen aus Baden-Württemberg und ein NaturFreund aus der Schweiz. Wer das Naturfreundehaus noch nicht kannte, war erstaunt von der abgeschiedenen Lage auf einer schönen Bergwiese umgeben von Fichtenwald. Zum Abendessen wurden die Teilnehmer mit einem Grillbuffet überrascht, bestens vorbereitet durch das Team der Roten Grube. Neben den Grundlagen des Naturschutzes gab es am Freitagabend von Andreas Kahl einen Einblick in die Ziele und Aufgaben des Naturparks Erzgebirge/Vogtland, in dem sich das Naturfreundehaus befindet. Für den ersten Tag war das bereits viel Input.
Am Samstagvormittag wurden das Konzept und die Vorgehensweise zur Erstellung von Natura Trails präsentiert. Eine passende Ergänzung lieferte uns Matthias Scheffler vom Landschaftspflegeverband Westerzgebirge. Er stellte die Landschaftspflege der Bergwiesen mit Schottischen Hochlandrindern und die Öffentlichkeitsarbeit des LPV für Natura 2000 vor. Dazu gehören unter anderem geführte Natura-2000-Touren und Publikationen, zum Beispiel „Natura 2000 Touren im Westerzgebirge“ oder „Natur(a) erfahren im Erzgebirge“. Nach der Theorie folgte die Praxis. Mario Kraus, der lokale FFH-Gebietsbetreuer, führte uns am Samstagnachmittag kenntnisreich auf einer ca. 12 Kilometer langen Strecke durch markante Lebensräume des Westerzgebirges. Dazu zählen die Bergwiesen, der montane Fichtenwald, der Hainsimsen-Buchenwald und die Hochmoore. Jeder Lebensraum allein bietet schon genug Wissenswertes für eine eigene Wanderung. Die Zeit für das Entdecken der Lebensräume war deshalb leider sehr begrenzt. Der Samstagabend endete mit einem Vortrag zu den unterschiedlichen nationalen und internationalen Schutzkategorien und der Einordnung von Natura 2000 in den Gebietsschutz.
Für den Sonntag konnte Steffen Leistner von der Unteren Naturschutzbehörde des Erzgebirgskreises als Referent gewonnen werden. Er stellte die naturräumliche Gliederung der Region Westerzgebirge vor und präsentierte mit vielen Fotos anschaulich die Schutzgebiete sowie Aktivitäten der Schutzgebietsbetreuung sowie Schutzgebietspflege. Dieser Tag ist auch gleichzeitig ein Feiertag für den Naturschutz, denn der 21. Mai wird jährlich als EU-weiter Natura-2000-Tag begangen. Mit dem Flügelschlag des Schmetterlings haben wir uns an der Fotoaktion zum Natura-2000-Tag beteiligt und bei dieser Gelegenheit auch eine neue Infotafel für das Naturfreundehaus präsentiert. Diese informiert über die Naturfreundebewegung und ihr aktuelles Projekt, den Naturfreunde-Klimafonds. Dafür auch ein herzlicher Dank an das Büro der Naturfreunde Internationale in Wien für die gute Zusammenarbeit.
Den Kopf voller Wissen unterzogen sich schließlich die Teilnehmer erfolgreich den 20 Fragen der Prüfung und erhalten bei Vorhandensein der Voraussetzungen einen Ausweis mit der Bezeichnung „Natura-2000-Scout für die Region Westerzgebirge“. Die Mühe hat sich also gelohnt. Herzlichen Glückwunsch an alle Teilnehmer!
Nun zu der Frage am Anfang. Welchen Nutzen haben NaturFreund*innen aus der Oberlausitz, aus Baden-Württemberg oder sogar der Schweiz von einer regionalen Ausbildung im Westerzgebirge? Am Beispiel der am Naturfreundehaus vorkommenden Natura-2000-Gebiete wurden typische Lebensräume und Arten und ökologische Zusammenhänge erklärt. Aber es wurde auch vermittelt, welche Ansprechpartner und Quellen existieren um sich dieses Wissen für verschiedene Lebensräume selbst anzueignen. Die Wanderleiter können damit auch in ihrer Region die Initiative für einen Natura Trail starten und die lokalen Besonderheiten und regionalen Landschaften damit erlebbar machen. Dafür finden sich oft viele engagierte Partner vor Ort. Die Gastreferenten waren dafür das beste Beispiel. Auch am Naturfreundehaus Rote Grube soll es bald einen Natura Trail als Initiative des Landesverbandes Sachsen geben. Eine Ortsgruppe fehlt uns dafür allerdings. Aber das kann ja noch werden.
Ein herzliches Berg frei!
Hubert Höfer